Jürg Bolliger

Jürg Bolliger

Jürg Bolliger ist als lehrender Transaktionsanalytiker (TSTA-E) in Erwachsenenbildung, Coaching und Supervision tätig. Er ist seit über 25 Jahren begeistert von den anschaulichen und hilfreichen Modellen und Konzepten der Transaktionsanalyse. Sie haben ihm unter anderem dabei geholfen, seine erhöhte Neurosensitivität schätzen zu lernen und sie als Teil seiner Persönlichkeit wirksam werden zu lassen. In seiner Arbeit mit anderen Menschen ist es ihm wichtig, diese individuell auf ihrem persönlichen und beruflichen Entwicklungsweg zu begleiten und seine Begeisterung, seine Erfahrung und sein Wissen zu teilen.


Episoden aus dem Leben von Jürg

Meine ersten Jahre

Die ersten sechs Jahre meines Lebens habe ich im Altersheim verbracht. Ja, du hast richtig gelesen. Mein erstes Zuhause war ein wuchtiges, in die Jahre gekommenes Gebäude mit langen Korridoren und vielen Zimmern. Einige dieser Zimmer wurden von den Bewohnerinnen und Bewohnern belegt, die anderen bewohnten wir als Familie. Meine Eltern haben rund zwei Jahre vor meiner Geburt die Leitung dieses Heims übernommen. Eine Heimleiter-Wohnung gab es nicht. So kam es, dass ich sechs Jahre in einer Art Wohngemeinschaft mit vielen betagten Menschen verbracht habe.

Ich habe vier Schwestern, einen Bruder und bin der Zweitjüngste von uns. Durch diese Familienkonstellation und unsere Wohnsituation war ich es von jeher gewohnt, dass viele Menschen um mich waren. Obwohl immer viel los war, erinnere ich mich nicht daran, dass es mir zu viel wurde. Möglicherweise liegt das daran, dass das Altersheim am Rande eines Dorfes im Kanton Glarus in ländlicher Umgebung lag. Zum Heim gehörte ein riesiger Garten, eine Wiese mit einem kleinen Hügel und Ställe für Schweine und Hühner. Wie ich meine Zeit verbracht habe, weiß ich nicht mehr so genau. Ich erinnere mich jedoch, dass ich oft Zeit allein verbrachte. Nein, ich war nicht einsam. Es hat mir gefallen und gutgetan, mit mir allein zu sein und meine Fantasien in Ein-Mann-Rollenspielen umzusetzen. Und wenn ich dann einmal Lust auf andere Menschen hatte, waren immer welche da. Es waren für mich als kleinen Jungen also schon fast paradiesische Zustände.

Jürg (1969)

Es gab dann einen Moment, in welchem ich jäh aus meinem Paradies gerissen wurde. Das war, als ich in den Kindergarten musste. Worauf sich viele Kinder freuen, war für mich alles andere als toll. Ich habe wenig konkrete Erinnerungen daran. Ich weiß nur, dass ich mich äußerst unwohl fühlte. Vielleicht lag es daran, dass da plötzlich andere Kinder waren, mit denen ich spielen sollte. Vermutlich war auch nicht so viel Platz da und es war laut. Keine Ahnung, was es genau war, doch ich machte mich morgens jeweils völlig widerwillig auf den Weg und war froh um die Zeiten, in welchen ich frei hatte und die ich in der gewohnten Umgebung mehr oder weniger frei gestalten konnte.

Schulzeit

Als ich etwa sechs Jahre alt war, verließen wir das Altersheim. Nach drei Jahren in einem Wohnblock - immer noch in ländlicher Umgebung - zogen wir in eine Wohnung im Zentrum von Horgen, einer Gemeinde am Zürichsee.

Im Sommerhalbjahr verbrachten wir die Wochenenden und Ferien auf einem Campingplatz am Klöntalersee. Im Mai verlegte mein Vater jeweils einen Holzboden, worauf dann das Zelt zu stehen kam. Im September wurde das Ganze wieder abgebrochen. Ich erinnere mich an viele schöne Zeiten rund ums Zelt, im angrenzenden Wald oder im Schlauchboot auf dem See. Auch hier war ich oft in Ein-Mann-Rollenspiele verwickelt. Ich lebte Geschichten, die in meinem Kopf entstanden sind.

Und auch bei gelegentlichen Aufenthalten im Ferienhaus meiner Großeltern war es so. Das Haus lag an einem Berghang. In etwa einem halben Kilometer Entfernung gab es einen Bauernhof, sonst weit und breit keine Nachbarn, nur Wiesen und Wald. Ich betätigte mich als Schmuggler oder ritt als Ritter Kuno durch die Gegend, um mich dann irgendwann wieder auf meine Burg zurückzuziehen. Wobei wahrscheinlich weder meine Eltern noch meine Großeltern wussten, dass sie gerade eine mittelalterliche Burg bewohnten. In meinem Kopf war sie jedenfalls real.

Jürg (1975)

Den Einstieg in die Schule habe ich besser erlebt als denjenigen in den Kindergarten. Möglicherweise hatte ich mich bereits an die Anwesenheit anderer Kinder gewöhnt oder vielleicht war der Lärmpegel auch etwas niedriger. Ich war ein eher ruhiger, unauffälliger Schüler. Ich kam mit allen gut aus, gehörte jedoch selten zu den bestimmenden Kindern. 

In dieser Zeit gab es etwas, das mein Leben überschattete. Ich litt immer wieder unter heftigen Kopfschmerzen, oft verbunden mit Übelkeit und Erbrechen. Ich musste die unterschiedlichsten Untersuchungen über mich ergehen lassen, doch die Ärzte standen offenbar vor einem Rätsel. Sie konnten sich nicht erklären, woher meine Kopfschmerzen kamen. Das Einzige, was mir wirklich half, war ein dunkles, ruhiges Zimmer, wo ich dann irgendwann einschlief. Beim Aufwachen waren die Schmerzen dann jeweils weg.

Rückblickend erkenne ich, dass die Kopfschmerzen meist dann einsetzten, wenn viel los war - viele Leute um mich herum, viel Betrieb, viel Lärm. Auslöser konnte jedoch auch sein, dass innerlich, emotional viel los war. Egal ob ich mich auf etwas sehr freute oder Angst hatte, die Wahrscheinlichkeit von Kopfschmerzen war in solchen Momenten sehr groß.

Diese Art von Schmerzattacken verabschiedeten sich erst im Erwachsenenalter. Interessanterweise in der Zeit, in der ich begann, mich intensiver mit mir selbst zu beschäftigen und vermehrt auf meine Bedürfnisse zu achten.

Jugend

Nach der Schulzeit begann ich eine Ausbildung bei einer Bank. Die drei Jahre, während der ich in alle Bereiche der Bank eingeführt wurde, erlebte ich sehr gut. Ich mochte es Verantwortung zu übernehmen und Aufgaben selbständig erledigen zu dürfen.

In der Regel arbeitete ich als Lehrling in Großraumbüros. Ich bekam meistens fast alles mit, was sonst noch so lief. Das war für mich nichts Außergewöhnliches. Ich ging davon aus, alle würden das so erleben. Besonders in Erinnerung ist mir in diesem Zusammenhang die Zeit als ich am Bankschalter tätig war. Das war am Ende meiner Lehrzeit der Fall und - weil mich mein damaliger Arbeitgeber nach der Ausbildung weiter beschäftigte - auch noch die ersten Monate nach Lehrabschluss. Ich war am zweiten von vier Schaltern tätig. Das war in einer Zeit, in der es noch sehr wenig Geldautomaten gab und die meisten Leute Geldbezüge und andere Bankangelegenheiten am Schalter tätigten. Es war also oft sehr viel los, vor allem am Monatsende. Und egal, wie sehr ich auf meine Kundinnen und Kunden konzentriert war, hörte ich was links und rechts von mir ging. Kam dann jemand aus dem Backoffice und fragte beispielsweise, wer Reisechecks (die gab es damals noch) bestellt habe, reagierte niemand - außer mir: „Die sind für Herrn Breitenmoser.“ Herr Breitenmoser selbst hatte offenbar die Frage aus dem Hintergrund nicht gehört. Seine Ohren schienen nur für den Kunden, den er gerade bediente offen zu sein. Das Gleiche galt auch für die anderen Kolleginnen und Kollegen.

Diese „Fähigkeit“ vieles mitzubekommen stresste mich damals nicht. Im Gegenteil, ich genoss diese Art von Sonderstatus. Ich wurde zur Auskunftsperson der Abteilung. Vielleicht hat sich das damals in meine Aura eingenistet. Es geschieht nämlich auch heute immer wieder, dass mich Menschen um eine Auskunft bitten. Egal ob im Supermarkt oder am Bahnhof. Ich werde gefragt, wenn jemand etwas nicht findet oder nicht weiß, wo sein Zug fährt. Und es gäbe ganz viele andere Menschen, die auch gefragt werden könnten. Doch ich bin die erste Anlaufstelle.

Doch zurück in meine Jugendzeit, zurück zur Bank. Nach einem Arbeitstag war ich sehr müde. Mein Hirn musste alle Eindrücke verarbeiten, wodurch mein Energielevel rasch auf einem Tiefpunkt war.

Ich hatte das Glück, dass sich die Bankfiliale in unmittelbarer Nachbarschaft zu unserer Wohnung befand. Zu einer Haustür raus, bei der nächsten rein. Ich musste mich also nicht nach der Arbeit noch in einen vollen Zug zwängen und mich von den Gesprächen der Mitreisenden (die ich übrigens auch alle mitbekomme) berieseln lassen. Meine Devise war es, nach Feierabend nach Hause, mich zurückziehen, Systeme herunterfahren. Das Gleiche tat ich oft auch in der Mittagspause.

Ich gehörte nicht zu denjenigen, die freie Zeit nutzten, um diese in einer Disco oder sonst wo ausgiebig und ausschweifend zu feiern. Die Freizeit verbrachte ich damals meist mit der gleichen Clique. Unser Programm bestand hauptsächlich aus Gesprächen, Wanderungen, Tischtennis, Gesellschaftsspielen. Das mag langweilig und für einen Jugendlichen nicht angemessen wirken. Doch mir war es im kleinen Kreis meiner Freunde sehr wohl.

Jürg (1986)

Und selbst in diesem vertrauten Kreis gab es oft Momente, in dem es mir zu viel wurde. Es ist schwierig, zu beschreiben, wie sich das zeigte. Vielleicht kann man sich am ehesten eine Trockeneismaschine in meinem Hirn vorstellen. Irgendwann wurde der Schalter betätigt und sie nahm ihre Tätigkeit auf. Mein Denken und Fühlen wurden vernebelt. Es war zwar alles noch da und intakt, jedoch etwas verschwommen. In solchen Momenten rang ich mit mir. Ich wollte mich nicht von meinen Freunden verabschieden. Die waren alle noch so gut drauf. Und was würden sie von mir denken? So zwang ich mich meist, das auszuhalten. Ich war dann zwar physisch noch anwesend, doch in mir tobte ein Kampf. „Ich will nach Hause, ins Bett!“ und „Bleib jetzt noch. Du könntest etwas verpassen. Was halten die anderen von dir?“ stritten um den Sieg. Und natürlich zog dieser Kampf noch mehr von meiner Energie ab.

Militär

Wie viele junger Männer besuchte ich als knapp Zwanzigjähriger die Rekrutenschule der Schweizer Armee. 17 Wochen in einem komplett neuen Umfeld. Zwar hatte ich Glück mit der Truppenzuteilung und der Kaserne (ein ehemaliges Kurhotel), doch das militärische Drum und Dran behagte mir gar nicht. Ich weiß noch, wieviel Überwindung es mich jeweils am Sonntagabend kostete, nach dem Wochenende wieder einzurücken

Immerhin musste ich mir in dieser Zeit nie Gedanken darüber machen, was ich anziehen sollte. Und es war auch nicht so, dass es nur eine Uniform oder einen Tarnanzug gab. Nein, da waren Tenue A, Tenue B, Tenue Blau, TAZ, TAZ-Pellerine, Ausgangsregenschutz und … und … und … Natürlich musste auch immer die richtige Kopfbedeckung getragen werden. Auch diesbezüglich war das Sortiment groß. Doch wie gesagt, da immer alle gleich gekleidet sein mussten, wurde alles vorgegeben. Es kam nie zu den Entscheidungsschwierigkeiten, welche einige kennen, wenn sie im Privatleben vor ihrem Kleiderschrank stehen. Das militärische Kleidungsstück, das ich am meisten hasste, war die B-Hose - auch die „tannige Hose“ genannt. Sie war aus einem dicken, rauen, dunkelgrünen Stoff geschneidert und sie haben mich dermaßen gejuckt, dass ich sie nur mit langer Unterhose tragen konnte. Besonders bei wärmeren Temperaturen war das dann auch nicht besonders angenehm. Ich wunderte mich immer, wie locker meine Kollegen mit diesem Leidensdruck umgingen. Oder juckten ihre tannigen Hosen nicht so wie meine?

Berufsleben

Nach der Rekrutenschule begann ich eine neue Tätigkeit innerhalb der Bank, bei der ich die Ausbildung absolviert hatte. Ich war neu für die interne Kontrollstelle tätig. In einem Zweierteam – mein Chef und ich – besuchten wir jeweils für einige Tage eine der Filialen und überprüften dort stichprobenartig, ob alles seine Richtigkeit hat. Meistens waren wir in einem Sitzungszimmer einquartiert. Damit fand meine Großraumbürokarriere ein Ende.

Im Laufe der nächsten Jahre stellte ich fest, dass mir zwar diese Tätigkeiten liegen, doch das ich zu wenig Erfüllung darin fand. Ich kann es nicht mit konkreten Gedanken oder Ereignissen in Verbindung bringen. Es war irgendwann Zeit für etwas Neues. Ohne es benennen zu können, hatte ich schon seit meiner Ausbildung den Eindruck, dass ich nicht mein gesamtes Berufsleben bei einer Bank verbringen würde.

So kam es, dass ich in den Kanton Solothurn umzog und eine Stelle in einem Modehandelsunternehmen antrat. Ursprünglich wurde ich eingestellt, um mich um die Buchhaltung zu kümmern, was ich dann auch fünf Jahre tat. Doch merkte ich je länger, je mehr, dass mich die Beschäftigung mit Zahlen nicht erfüllen konnte. Ich beherrschte zwar das Jonglieren damit, doch wirklich zufrieden machte mich das nicht.

Der Zufall wollte es, dass im Unternehmen, in dem ich tätig war, jemand gesucht wurde, der sich um die Personalbelange kümmerte. Ich wagte den Sprung ins kalte Wasser und war jetzt Personalleiter. Eine Tätigkeit, die ich weitere fünf Jahre ausübte und die mir Gelegenheit gab, mehr mit Menschen und weniger mit Zahlen zu arbeiten.

Jürg (1996)

Auch wenn man mir das wahrscheinlich nicht angesehen hat, war ich innerlich sehr unsicher. Das begann schon in der Schulzeit und zog sich weiter bis ins Berufsleben. Es lag nicht an der fachlichen Kompetenz. Ich konnte mich immer schnell in neue Aufgaben einarbeiten und habe sie dann auch sehr gut ausgeführt. Während ich gegen außen Stärke zeigte, nagte in mir drin die Befürchtung, ich sei nicht so gut oder nicht so wichtig wie die anderen.

Persönliche Entwicklung

In dieser Zeit lernte ich durch einen Freund die Transaktionsanalyse kennen. Ich war fasziniert von dem, was er davon berichtete und begann mich selbst damit auseinanderzusetzen. Während der Lektüre meines ersten Transaktionsanalyse-Buches wuchs der Wunsch in mir, mich intensiver mit der Thematik zu befassen. So kam es, dass ich 1996 ein Einführungsseminar besuchte und kurz darauf mit der dreijährigen Grundausbildung begann.

Ich habe in dieser Zeit viel gelernt. Da war das Befassen mit den Modellen und Konzepten der Transaktionsanalyse und vor allem auch mit deren Umsetzungsmöglichkeiten, die ich sehr spannend fand. Parallel stellte ich mich der Herausforderung, mich mit mir selbst auseinanderzusetzen. Während dieser Entdeckungsreise fand eine kontinuierliche Entwicklung statt. Ich lernte die Sonnenseiten meiner Person zu schätzen und mich mit den Schattenseiten zu versöhnen, um einen guten Umgang damit zu finden. Meine Selbstsicherheit und mein Selbstvertrauen, die vorher teilweise auf wackeligen Beinen standen, nahmen zu. Durch die verbesserte Beziehung zu mir selbst.

Ein wichtiger Teil dieses Entwicklungsprozesses – der übrigens bis heute noch nicht abgeschlossen ist – betrifft meine Bedürfnisse. Ich habe gelernt, meine Bedürfnisse wahrzunehmen, sie zu stillen und mich bei Bedarf abzugrenzen. Das gelang und gelingt mir nicht immer gleich, doch schon viel besser als früher.

Meine Berufung

Mit der persönlichen Entwicklung wuchs auch das Verlangen meine Berufung zu finden. Die Tätigkeit als Personalleiter gefiel mir zwar besser als diejenige des Buchhalters. Und doch war der administrative Anteil immer noch sehr hoch. Und ich stieß immer wieder an die Grenzen der Möglichkeiten.

Nach zehn Jahren kündigte ich meine Anstellung im Modehandel und wagte den Schritt in die Selbständigkeit als Erwachsenenbildner und Coach. Meine Frau hatte zu diesem Zeitpunkt den Wunsch wieder ins Berufsleben einzusteigen, nachdem sie sich etwa zwei Jahre um meine zweitjüngste und unsere erste gemeinsame Tochter und den Haushalt gekümmert hat. Es passte also zeitlich sehr gut zusammen. Wir teilten uns Kinderbetreuung, Haushalt und Erwerbstätigkeit. So fand ich den Einstieg in die berufliche Selbständigkeit.

Familie

An dieser Stelle wird es höchste Zeit, etwas über meine Familie zu schreiben. Mein Leben besteht nämlich nicht nur aus Beruf. Ich bin zum zweiten Mal verheiratet und habe drei Töchter, einen Sohn und einen Stiefsohn. Die meisten davon sind mittlerweile erwachsen.

Natürlich gäbe es auch aus dem familiären Miteinander viel zu berichten. Ich könnte über emotionale Höhen und Tiefen, über Trennung, Scheidung und erneutes Verlieben berichten. Doch ich werde den Scheinwerfer jetzt dann wieder auf den beruflichen Teil meines Lebens richten. Nicht weil mir dieser wichtiger als die Familie ist, sondern einerseits, weil das ein Buch für sich füllen würde und andererseits soll es an dieser Stelle nicht um Partnerinnen und Kinder gehen, sondern um mich.

Heute

Der Schritt in die Selbständigkeit liegt nun auch schon viele Jahre zurück. Ich habe mich in dieser Zeit kontinuierlich weitergebildet und bin heute lehrender und supervidierender Transaktionsanalytiker.

Der berufliche Weg war manchmal steinig, manchmal nicht. Es waren die schönen Erlebnisse, die mich immer wieder motivierten, diesen Weg weiterzugehen.

Während mehr als zehn Jahren hatte ich einen Auftrag für die Leitung von Kursen für Stellensuchende, mit dem ich den Großteil meines Umsatzes generierte. Ich durfte viele Menschen und ihre Geschichten kennenlernen, sie beim Entdecken neuer Perspektiven begleiten und sie beim Neuaufbau ihres Selbstvertrauens unterstützen. Dabei habe ich gelernt, mir nach den zwei oder vier Wochen, die diese Kurse dauerten, viel Zeit für mich einzuplanen. Die Präsenz, die ich in den Kursen zeigte, kostete mich sehr viel Energie. Ich brauchte zwei oder drei Tage, um meinen Akku wieder aufzuladen.

Was dann einen Schock auslöste, erwies sich im Nachhinein als Segen. Der Auftrag für die Kurse wurde gekündigt. Wie sollte ich nun mein Geld verdienen? Vielleicht eine ähnliche Tätigkeit für einen anderen Auftraggeber annehmen? Nein, ich spürte, dass mich das nicht befriedigen würde. Es war wieder Zeit für etwas Neues.

Ich entschied mich, meine Kosten zu reduzieren, um so vorübergehend mit weniger Umsatz auszukommen. Schon längere Zeit faszinierten mich die Möglichkeiten, welche das Internet bietet. Ich hatte schon vor einigen Jahren damit begonnen erste Versuche zu unternehmen, diese für die Weiterbildung zu nutzen. Durch den Wegfall der Kurse, die mich inklusive Regenerationszeit mehrere Wochen blockierten, hatte ich jetzt plötzlich sehr viel Zeit und Energie, Onlinekurse und -seminare zu entwickeln.

Die Freiheit und Flexibilität, die ich mir geschaffen habe, schätze ich sehr. Sie bietet mir die Chance, die Reize, denen ich mich aussetze besser zu steuern. Ich genieße die Zeiten, die ich allein und ungestört im Büro verbringe, genauso wie die Online- oder Offline-Begleitung von Menschen in Seminaren, Supervisionen und Coachings.

Ich habe den Eindruck, angekommen zu sein, meine Berufung gefunden zu haben. Und ich weiß auch, dass die Reise weitergeht. Ich freue mich auf die weitere Entwicklung.

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